Historisches Museum, Frankfurt, 2023
Ausstellungsdesign: Studio Rustemeyer
Kuratiert von: Susanne Gesser und Katharina Böttger
Mitarbeit: Lara Landbrecht
Ausstellungsgrafik: Kraus/Lazos
Ausstellungsansichten: HMF
Träume von Zäunen
Das Wort „Zaun“ ist verwandt mit dem englischen Wort „Town“ – die Stadt. Ebenso besteht eine Verwandtschaft mit dem niederländischen Wort „Tuin“ für Garten. Der Begriff Zaun beschrieb ursprünglich also nicht das Objekt des Zauns selbst – sondern das, was es umschloss. Der Zaun ist ein bauliches Element, das Bereiche voneinander abtrennt, begrenzt und dabei Eigentumsverhältnisse sowie Besitzstrukturen definiert. In bestimmten Räumen erlässt er Rechte und Regeln. Der Zaun ist ein politisches Werkzeug.
Städte sind voll von Zäunen. Sie helfen den eigenen Raum einzugrenzen und Zugänglichkeiten zu regulieren. Somit sind sie Symbole einer singularisierten Gesellschaft der Privatisierung, der Abgrenzung und des Eigentums. Dabei nehmen Zäune verschiedene Gestalten an. Sie variieren in Höhe, Materialität und Transparenz – je nach Bedarf und Einsatz, kann ein passendes Modell gewählt werden. Der Zaun selbst kann so zum Ausdruck eines gesellschaftlichens Status oder der Selbstwahrnehmung der Aufstellenden werden. In den letzten Jahren war eine Diversifizierung der Zaungestaltung zu beobachten. Die neuen Entwicklungen gipfelten in Plastikstreifen, die in Metallzäune eingeflochten werden können um diese blickdicht zu machen. Nach Wunsch werden selbige mit einem Motiv bedruckt, wahlweise Buchshecke oder Backsteinmauer.
Bereits 1981 beschrieb Dieter Wieland die Gestaltung von Zäunen im öffentlich Raum in seiner Typologie: „Bauen und Bewahren“ auf sarkastische Weise. „Und was der Baustoffindustrie so alles eingefallen ist um die Zäune ja recht aufgeregt und aufdringlich zu machen. Verkorkste hektische Maschinenschnörksel, die immer so aussehen, wie gefrorene Regenwürmer. Spritzgebäck vom Betonkonditor, pompös und verrenkt, verzinkter Theaterdonner.“
Für das Design der Ausstellung „Stadtblicke – Eine subjektive Frankfurt-Kartografie“ nutzen wir einen speziellen Typ Zaun – den Bauzaun, in der Fachsprache „Mobil-Zaun“. Er ist überall dort zu finden, wo sich die Stadt verändert und transformiert. Er ist Zeuge einer sich ständig neu erfindenden Stadt. Wie seine Artgenossen hat er die Funktion Bereiche einzugrenzen – zum Beispiel die Baustelle oder ein temporäres Festival. Er hat einen ephemeren Charakter, denn er ist schnell auf- und abzubauen. Mit seiner standardisierten Konstruktionsweise mit geschweißten Stahlrohren und angeschweißten Stahlmatten bzw. Gittern ist er zudem leicht und stabil. In der Ausstellung wird der Bauzaun als Display für die Werke und Arbeiten der Stadtlaborant*innen genutzt. Hierbei wird er um 90° gedreht und steht nun aufrecht. Die einzelnen Bauzaun-Elemente werden für die Ausstellung mit „Verbindern“ zu zwei großen Leporello-artigen transparenten Raumelementen zusammengefügt. Die Bauzäune bringen so auf eine abstrakte Art das Thema Veränderung des Stadtraums in die Ausstellung und bilden einen Hintergrund für die verschiedenen Blicke auf Frankfurt. Als Ready-Mades sind die Bauzäune in der Ausstellung zudem Zitate des öffentlichen Raumes und können nach Ende der Ausstellung dort wieder als Baustellenabtrennungen genutzt werden.